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Unterschätze nie Deinen Gegner

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Unterschätze nie Deinen Gegner

Man kann ihn aber auch schätzen lernen

Ulrich Scholz
Mar 5
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Sie haben sicherlich die neueste Nachricht im Ukraine-Konflikt mitbekommen. Die deutsche Rüstungsfirma Rheinmetall verhandelt mit der ukrainischen Regierung über eine Panzer-Fabrik, die in der Ukraine deutsche Panzer bauen soll. Von 400 Stück pro Jahr ist die Rede. Der ukrainische Präsident Selenskyj geht davon aus, dass der Krieg noch Jahre dauern wird. Auf die kritische Frage eines Journalisten an den Rheinmetallvorsitzenden, ob eine solche Fabrik nicht russischen Luftangriffen ausgesetzt sein würde, soll der geantwortet haben, dass man solchen Angriffen gelassen entgegensehen würde. Man würde entsprechende Flugabwehrsysteme mitbringen. Wenn man solche dümmlichen Antworten von einer Führungsperson der deutschen Wirtschaft hört, drängt sich mir die bange Frage auf, ob das Denken dahinter ursächlich nur einer Fehlbesetzung in der Führung eines Wirtschaftsunternehmens zu verdanken ist oder auf eine symptomatische Denkunfähigkeit hinweist, die unsere politischen Führungspersonen gerade im Ukraine-Konflikt an den Tag legen. Zur dümmlichen Antwort des Rheinmetallvorsitzenden: Jedes militärische Ziel kann zerstört werden. Es ist allein eine Frage des Willens und der Mittel, die ein Gegner dafür zur Verfügung hat. Sie können davon ausgehen, dass Herr Putin beides besitzt. Er besitzt aber noch mehr als das. Er besitzt die Bereitschaft zur Eskalation. Die zu unterschätzen weist meines Erachtens auf die Denkunfähigkeit der Verantwortlichen in der Bundesregierung hin.  

Vor dem Hintergrund der massiven Leopard-Panzer Lieferungen an die Ukraine kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Bau einer deutschen Panzerfabrik in der Ukraine einer vorbedachten Eskalation des Westens dient. Man will den Druck auf Herrn Putin weiter erhöhen und glaubt, ihn auf diese Weise irgendwann zum Einlenken zwingen zu können. Damit unterschätzen man Putins Bereitschaft und Fähigkeit, den Krieg zu eskalieren. Ein dummer Fehler. Das ist nicht nur meine Meinung. In der US-Amerikanischen Generalstabsausbildung hatte man uns diesen Satz beigebracht. Im Kriege unterschätze nie Deinen Gegner. Es ist davon auszugehen, dass Herr Putin das westliche Eskalationsspiel nicht viel länger mitmachen wird. Welche andere Option hat er? –

Die Amerikaner haben es ihm im Irak vorgemacht. Nachdem die begrenzten Operationen im 2. Golfkrieg (1991 „Desert Storm“) nicht zu einer Entmachtung Saddam Husseins geführt hatten, haben sie im Jahr 2003 einen klassischen konventionellen Krieg gegen den Irak geführt und gewonnen. Herr Putin wird die begrenzten Operationen in der Ostukraine zu einem konventionellen Krieg eskalieren. Ziel: Bedingungslose Kapitulation der Ukraine. Die Russen haben die moderne Kriegführung der US-Amerikaner studiert und übernommen und besitzen alle Mittel dafür. Amerikaner und NATO sind aus mehreren Gründen unfähig, einen solchen Krieg mitzugehen und müssten letztendlich die nukleare Karte ziehen, um dagegenzuhalten. Einen begrenzten Nuklearkrieg weit weg vom Mutterland auf einem anderen Kontinent zu führen, mag in den Köpfen von Hardlinern in Washington sicherlich gedacht und im Pentagon auch geplant werden, ob die Europäer dazu bereit wären, muss bezweifelt werden. Ihnen und all denen, die immer noch meinen, dass Krieg ein probates Mittel sei, um politische Ziele durchzusetzen, möchte ich die Erkenntnis des von allen Sicherheitsexperten geschätzten preußischen Militärphilosophen General von Clausewitz entgegenhalten. In seinem Buch „Vom Kriege“ schreibt er sinngemäß: Wer glaubt, aus irgendwelchen Gründen einen begrenzten Krieg führen zu können, wird am Ende den Krieg verlängern. Noch viel mehr Opfer wären zu beklagen, als wenn er ihn von Beginn an mit aller Macht und Gewalt geführt hätte. – So viel zur Eskalationslogik und Kriegsoptionen. Ein letztes Wort zur Denkunfähigkeit. Sie wird im allgemeinen besonders älteren Politikern zugeschrieben, die ihre alten Denkmuster nicht mehr loslassen wollen. Zu Unrecht, wie die Erfahrung zeigt.

US-Präsident Biden ist ein solch älterer Politiker. Man kann davon ausgehen, dass er sich bemüht, ein guter Präsident zu sein, wie viele andere vor ihm. Die Zündel Philips sind die Berater im Hintergrund, die, beseelt von Sendungsbewusstsein und eigener Unfehlbarkeit, amerikanische Interessen verpackt in Moral und Werte mit allen Mitteln durchsetzen wollen. Solche Berater hatte auch Ronald Reagan. Sie veranlassten ihn, das Rüstungsprojekt „Brilliant Weapons“ ins Leben zu rufen. Dazu gehörte auch die Entwicklung von Laserwaffen, die von Satelliten aus sowjetische Atomraketen nach deren Abschuss in der Aufstiegsphase zerstören sollten. Für Reagan stand fest, dass die Sowjet Union ein „Evil Empire“ war. Dann lernte er 1986 bei seinem ersten Treffen mit dem sowjetischen Generalsekretär auf Island Michail Gorbatschow persönlich kennen. Aus einem geplanten kurzen Kennenlerngespräch wurde eine mehrstündige Unterredung. Am Ende traten sie vor die Pressevertreter, bekundeten ihre Wertschätzung füreinander und erklärten, sie wollten alle Atomwaffen abschaffen. Reagans Berater fielen aus allen Wolken. Vielleicht ist das der Weg aus der Denkunfähigkeit, die ein Merkmal jedes Krieges ist. Anstatt einen Gegner zu unterschätzen, die persönliche Begegnung suchen, um zu lernen, sich wertzuschätzen.

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