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„Wenn ich ein Wort gebrauche“, sagte Goggelmoggel in recht hochmütigem Ton, „dann heißt es genau, was ich für richtig halte – nicht mehr und nicht weniger.“ „Es fragt sich nur“, sagte Alice, „ob man Wörter einfach etwas anderes heißen lassen kann.“ „Es fragt sich nur“, sagte Goggelmoggel, „wer der Stärkere ist, weiter nichts“. - Aus „Alice hinter den Spiegeln“ von Lewis Carroll
Wenn Politiker und Medien in diesem Tagen über den Ukrainekrieg und dessen Konsequenzen für die Menschen in der Ukraine und bei uns Stellung beziehen, wird Mantra-artig immer wieder auf den erklärten Schuldigen, Russland, mit dem Finger gezeigt. Herrn Putins verbrecherischer Überfall auf die Ukraine sei die Ursache für Krieg und die wirtschaftliche Notsituation, unter der friedliebende Länder jetzt zu leiden haben. Wer zu dem Konflikt Stellung bezieht, macht sich schon verdächtig, ein Russlandfreund zu sein, wenn er seine Argumente nicht mit dieser KO-Verurteilung einleitet. Auf diese Weise wird ein Feindbild suggeriert, das legitimieren soll, mit allen Mitteln gegen Russland diesen Krieg zu führen, koste es, was es wolle. Man will unserer Bevölkerung einbläuen, dass man nur mit Krieg einen solchen Überfall in die Schranken weisen kann. Sogar Befürworter von Verhandlungen bedienen sich geflissentlich dieser KO-Verurteilung des Konfliktgegners, was im Übrigen ihrer Sache überhaupt nicht dienlich ist. Mein Zeuge in der Geschichte ist der einstige israelische Ministerpräsident Rabin. Der hatte dem Führer der Palästinenser Yassir Arafat die Hand zum Frieden gereicht und auf jede sprachliche Abwertung des Gegners (Terrorist) verzichtet. um Frieden zu machen, brauche ich den Feind, hatte er gesagt. Er wurde für seine Friedenpolitik von einem jungen Landsmann ermordet.
Nun hat die Radikalität, mit der im Israel-Palästinenser Konflikt eine kriegerische Lösung vertreten wird, sicherlich vielschichtige historische und politische Gründe. Auch wenn Beispiele bekanntlich hinken, argumentieren im Ukraine-Konflikt die Kontrahenten ähnlich. Krieg und damit das Leiden von vielen Menschen wird zur heiligen Sache erklärt. Dass dieser Wahnsinn trotz aller schmerzhaften Erfahrungen gerade in Europa immer noch geglaubt wird, scheint Methode zu haben. Die sprachliche und sachliche Verdummung der Menschen durch Politiker und Medien jetzt im Ukraine-Konflikt lässt keinen anderen Schluss zu. Darüber möchte ich in diesem Artikel aufklären. In meinem Plädoyer für eine Friedenspolitik im Ukrainekonflikt möchte ich zuerst klarstellen, dass es kein Überfall war. Das bedeutet, dass die Ukraine und der Westen wussten, was Russlands Reaktion sein würde, als die Verhandlungen gescheitert waren. Die Definition für „Überfall“ straft sie Lügen.
Im Lexikon des Online Juraforum heißt es zum militärischen Überfall:
Im Militärwesen bezieht sich der Begriff "Überfall" auf ein Unternehmen gegen einen unvorbereiteten Gegner. In solchen Fällen erfolgt die militärische Aktion überraschend, um einen strategischen oder taktischen Vorteil gegenüber dem Gegner zu erlangen. Dabei kann es sich beispielsweise um eine plötzliche Invasion oder einen Angriff handeln.
Im Folgenden soll erklärt werden, warum die russischen Militäraktionen in der Ukraine kein Überfall waren, sondern mit einer konkreten Absicht durchgeführt wurden, die Herrn Selenskyj und seinen westlichen Protegés bekannt sein mussten. Nun mag man Politikern und Redakteuren zugutehalten, dass sie in der Beurteilung der Lage Laien sind. Militärs sind es nicht.
In jedem Führungsbefehl des Militärs, der bei Amerikanern und NATO standardisiert ausgeplant wird, ist die Absicht des Gegners eine wichtige Planungs- und Handlungsgrundlage. Sie folgt dem Rational, dass Krieg immer die Fortführung der Politik mit anderen Mitteln ist (Clausewitz). Herrn Putins Denken ist genau diesem Rational gefolgt, als er sich mit dem kompromisslosen Verhandeln des Westens vor dem Krieg konfrontiert sah. Die Ukraine wird NATO-Mitglied und damit Basta. Er hat seine Truppen an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren lassen. Dem Westen und der Ukraine musste es Dank der Aufklärungsmöglichkeiten der Amerikaner klar sein, dass er die militärische Karte ziehen würde. Eine Ukraine als Mitglied in der NATO berührt vitale Sicherheitsinteressen Russlands. Amerikanische Militärbasen des NATO-Bündnisses, das einstmals gegen Russland gegründet wurde, an der Grenze zu Russland war man nicht bereit hinzunehmen. Herr Putin ist der allseits bekannten Logik von Clausewitz gefolgt und ist einmarschiert. Ihn dafür mit Moral und internationalem Recht zu verdammen ist nicht nur heuchlerisch, wenn man die Kriege des Westens nach 1990 (Irak, Afghanistan, Libyen und Syrien) dagegenhält, sondern eine Verdummung der Menschen, die unter dieser Politik leiden. Und auch jetzt, wo wir mit täglichen Nachrichten aus dem Kriegsgebiet versorgt werden, verschweigt man die politischen und daraus resultierenden militärischen Absichten der Russen. Man muss sie nicht gutheißen, aber man könnte sie verstehen. Wer diese Empathie verweigert, ist in an Anbetracht vergangener Kriege dumm oder gewissenlos. Politiker und Redakteure der Medien trifft diese Kritik gleichermaßen. Die einzigen, die darum wissen müssten, sind unsere militärischen Führer.
Es ist die ureigene Pflicht der Generale gerade in einer Demokratie, die politische Führung zu beraten, wenn es darum geht, politische Ziele mit militärischen Mitteln umzusetzen. Wenn es darum geht, die Ukraine aus dem Konflikt zwischen West- Orientierung und Rücksichtnahme auf russische Befindlichkeiten herauszuholen, ist das mit militärischen Mitteln nicht möglich. Sie hätten den Offenbarungseid leisten und der politischen Führung sagen müssen, dass mit Krieg das politische Ziel nicht zu erreichen ist. Wenn russische und ukrainische Generale einer solchen Verantwortung nicht nachkommen, ist das geschichtlich bedingt. Wenn bei uns Generale, die dem zivilen Souverän verantwortlich sind, zu der Kriegspolitik schweigen, dann ist das ein Offenbarungseid der Demokratie. Das Gleiche gilt für unsere Medien, wenn die unreflektiert dem Krieg das Wort reden. Bleibt die einzige Hoffnung, dass es bei uns den mündigen Bürger gibt, der sich nicht verdummen lässt.