In verzweifelter Lage Menschen in der Seelennot brennen, entweder niederträchtig zu handeln oder wegzurennen. - Jonathan Swift
Während meiner Zeit als „Visiting Defense Fellow“ an der Queen´s University in Kingston, Kanada hatte die Policy Study Branch einmal einen ehemaligen israelischen General zu Gast. Als Gründer eines Think Tanks in Tel Aviv hielt er einen Vortrag über den Konflikt Israels mit den Palästinensern. Seine Lösung für den Konflikt war bemerkenswert.
Wenn jeder Palästinenser in sicheren sozialen Verhältnissen leben würde, dazu gehören Ausbildungschancen, ein sicherer Arbeitsplatz und Zukunftsperspektiven für die Kinder, dann wäre ein glückliches Familienleben möglich. In einer solchen Welt hätten die Brandstifter von Terror und Gewalt keine Chance. Das Sicherheitsproblem der Israelis würde sich in Luft auflösen. Der General sprach dann an, was einer solchen vernünftigen Lösung im Wege steht.
Die Pflicht der israelischen Regierung (jeder Regierung!) besteht darin, für die Sicherheit ihrer Menschen Sorge zu tragen. Im Angesicht der Gewalt von Hamas - Terroranschläge, Raketenüberfälle auf das israelische Mutterland – versucht man seit Jahren, die operativen Fähigkeiten der Hamas durch gezielte Tötungen ihrer Führer zu zerstören. Gleichwohl ist man sich des Dilemmas bewusst, dass mit jedem erfolgreichem Einsatz dieser Art die Hamas noch mehr Zulauf erfährt. Armut und Hoffnungslosigkeit haben einen teuflischen Solidarisierungseffekt erzeugt. Damit rückt eine nachhaltige Befriedung im Sinne von sozialer Gerechtigkeit in unerreichbare Ferne.
Die Zirkularität dieser Erkenntnisse des israelischen Generals, die er vor über 20 Jahren geäußert hat, erfährt gerade eine Beschleunigung. Regionale und internationale Akteure tragen dazu bei, indem sie die Gewalt der einen wie der anderen Seite tatkräftig und moralisch unterstützen. Ihre Rechtfertigungen sind im Angesicht des millionenfachen Leids auf beiden Seiten müßig. Sie gießen nur immer wieder Öl ins Feuer. Was jetzt nötig wäre ist eine lösungsorientierte Kommunikation, die auf das Kommunikationsmittel „Gewalt“ verzichtet. Um dahin zu kommen, muss man verstehen, dass auch die Kriegsparteien kommunizieren, nur leider mit Mitteln kriegerischer Gewalt. Wenn wir uns darüber klar werden würden, was sie kommunizieren, bekämen wir vielleicht Zugang zu einer friedlichen Lösung des Problems. Darüber soll es im Folgenden gehen.
Die kriegerischen Aktivitäten von Hamas und Hisbollah wie Raketenüberfälle, Anschläge auf die israelische Bevölkerung und jetzt Feuergerechte mit der israelischen Armee können die Existenz des israelischen Staates nicht gefährden. Das muss den Führern dieser Organisationen klar sein. Warum tun sie es trotzdem? - Sie wollen eine Botschaft schicken, an die israelische Regierung, an das israelische Volk, an den Westen und nicht zuletzt an ihre not-leidende Bevölkerung: Bei all der militärischen und wirtschaftlichen Überlegenheit der Israelis, wir werden verhindern, dass sie gewinnen!
Die iranische Mullah-Regierung, die seit der Gründung des Gottesstaates vom Westen, vor Allem von den USA, isoliert wird, hat jetzt in diesen Konflikt aktiv eingegriffen, indem es mit Raketen-Salven Ziele in Israel angegriffen hat. Auch diese kriegerische Einmischung in den Konflikt wird die Existenz des Staates Israels nicht gefährden. Das werden die Iraner wissen. Ein Krieg gegen Israel wäre Selbstmord. Er würde die geballte Militärmacht USA auf den Plan rufen und wäre der militärische und staatliche Untergang. Ihr militärisches Eingreifen soll der muslimischen Welt ihre Solidarität signalisieren und den Regierungen und den Völkern Israels und des Westens deutlich machen, dass sie in der Region der Muslime nicht über ihren Kopf Machtpolitik betreiben können.
Die harte Gangart der israelischen Regierung lässt sich aus den Ausführungen des israelischen Generals erklären. Sie will die Bedrohung Israels durch Hamas und Hisbollah ein für alle Mal brechen, indem sie sie militärisch vernichtet. Das mag ihnen in diesem Waffengang gelingen. Damit kommunizieren sie der israelischen Bevölkerung Sicherheit, den Protegés im Westen, dass Israel sehr wohl in der Lage ist, für seine eigene Sicherheit zu sorgen und nicht zuletzt den Feinden Israels die Unbesiegbarkeit ihrer Streitkräfte.
Alle kommunizieren sie mit Gewalt, nur ihre Botschaften kommen nicht an.
Wenn Sie den menschlichen Endstate einer nachhaltigen Konfliktlösung des Palästina-Konflikts, so wie ihn der israelische General formuliert hat, ernst nehmen, gilt es doch, zuallererst Gewalt als Kommunikationsmittel zu erkennen und zu eliminieren. Das wäre die Aufgabe von Friedenspolitik. Hier versagt unsere Diplomatie kläglich, nicht zuletzt auch unsere Presse. Die ergeht sich täglich in Meldungen darüber, wer wieviel Menschen umgebracht hat, wieviel Raketen abgeschossen wurden, wieviel Kriegsgerät zerstört wurde und diskutiert, wer mehr recht hat. Diese Art von Konfliktaufarbeitung nützt weder dem israelischen noch dem palästinensischen Volk und hat mit dem Kommunizieren durch Gewalt eines gemeinsam. Sie ist auch nur Symptom einer Ausweglosigkeit, die aber nur scheinbar ist, wenn man eine Grundregel in Beziehungen beachtet. Empathie. Daran soll dieser Artikel erinnern.