Während meiner Zeit als Visiting Defense Fellow an der Queens University in Kingston/Kanada war ich zu einem Vortrag eines ehem. General der israelischen Streitkräfte eingeladen. Sein Thema war „Terrorismus“. Er beschrieb das Dilemma jeder israelischen Regierung, sich gegen diese Form der Aggression gegen sein Land zu verteidigen. Er stellte heraus, dass nur eine soziale Befriedung den Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis langfristig lösen könnte. Dazu gehörten wirtschaftliches Wohlergehen und das Empfinden, dass Gerechtigkeit geschieht. Dieses strategische Ziel umzusetzen, scheitert an den Realitäten. Um die israelische Bevölkerung vor den Gewaltakten der Scharfmacher auf palästinensischer Seite zu schützen, sehen sich die israelischen Sicherheitskräfte immer wieder gezwungen, gegen diese operativ vorzugehen. Gezielte Tötungen von Führungspersonen der Hamas und militärische Aktionen im Gaza und in den Westbanks führten dazu, dass die Scharfmacher immer noch mehr Zulauf durch junge Palästinenser bekamen. Der General plädierte für einen souveränen Palästinenser Staat. Land für Frieden. Dieselbe Ansicht vertrat auch Amir Haskel, israelischer Luftwaffenpilot und mein Lehrgangskamerad während der Generalstabsausbildung bei der US-Air Force an der Air University in Maxwell AFB, Alabama.
Amirs Sohn und mein Sohn Jan waren Klassenkameraden an der lokalen High-School und gute Freunde. Bei den ersten Familienbegegnungen hatten Amir und seine Frau uns unsere Befangenheiten sofort genommen. Wenn empathische Menschen aufeinandertreffen, zählt allein die Freundschaft. Man kann und darf Geschichte unbefangen und auch kontrovers diskutieren. Amir hat später als pensionierter General offen gegen Netanjahu Position bezogen und in der Öffentlichkeit demonstriert. Das hatte ihm ein paar Tage Gefängnis eingebracht. Die Richter haben ihn freigesprochen. Demokratisches Israel. In dem Geist meines Freundes haben später israelische Piloten den Gehorsam verweigert.
Die israelischen Sicherheitskräfte hatten eine neue taktische Variante entdeckt, sich gegen Terrorangriffe zu schützen. Gezielte Tötungen. Nach sorgfältiger Aufklärung des Aufenthaltsortes und Lebensgewohnheiten von Führungspersonen der Hamas hat man Kampfflugzeuge losgeschickt, um sie mit Präzisionsbomben auszuschalten. Dabei wurden auch „Bystander“, oft Familienangehörige und Kinder, getötet. Diese Art des Kämpfens ging für einige Piloten gegen ihr ethischen Überzeugungen. Sie haben verweigert. Die Konsequenz: Bestrafung und unehrenhafte Entlassung. Israelische Offiziere, die sich ihrer Aufgabe, Land und Volk zu schützen, wohl bewusst waren, haben ihrer Regierung den Gehorsam verweigert, als es darum ging, Unschuldige zu töten. Genau das ist jetzt die Konsequenz der Entscheidung der Netanjahu-Regierung, auf die verbrecherischen Hamas-Angriffe zu reagieren. Entweder sie geben auf, oder wir bringen sie um, mit allen Konsequenzen. Und wir, die westlichen Länder unterstützen Netanjahu bei diese Politik, bieten sogar militärische Hilfe an.
Bei dem Eifer, dem jüdischen Volk nach dem Holocaust, das wir Deutsche an ihnen verbrochen haben, beizustehen, wäre nicht jetzt ein Rat zur Mäßigung angesagt? – Rache an den Tätern ist keine Lösung. Sie macht das Verbrechen der Hamas nicht ungeschehen und wird immer wieder Unschuldige treffen und damit noch mehr Öl ins Feuer der Vergeltung gießen. Israel braucht keine militärische Unterstützung, um sein Volk zu schützen. Das Land hat eine sehr gute Aufklärung und fähige Sicherheitskräfte. Nur, militärische Sicherheit ist kein Garant für existenzielle Sicherheit. Die Geschichte Israels seit 1948 ist der Beweis. Die Aktionen der Hamas deuten darauf hin, dass sie die Entspannung in der Region zerstören will.
Der Iran und Saudi-Arabien nähern sich an. Andere Golfstaaten sind an dieser Entspannung interessiert. Das widerspricht den Interessen der Scharfmacher der Hamas und der Hisbollah im Libanon. Der Westen sollte diese Annährungen unterstützen und sich bei der israelischen Regierung dafür einsetzen, auf eine empathische Palästinenser-Politik einzuschwenken. Die Nadelstiche der Unverbesserlichen wird man eine Weile aushalten müssen. Die Israelis sind fähig, damit umzugehen.
Wenn die palästinensische Bevölkerung erfährt, dass es in ihrem Leben wirtschaftlich aufwärtsgeht und ihnen Gerechtigkeit geschieht, wie der israelische General in seiner anfänglich erwähnten Rede als Bedingung für einen nachhaltigen Frieden festgestellt hat, dann ist das das Ende der Scharfmacher. Das gilt im Übrigen auch für die Scharfmacher im Ukraine-Krieg. Da sitzen Herr Putin und Herr Biden nebst Anhang in einem Boot. Auch sie opfern Menschen für ihre Interessen und predigen den heiligen Krieg. Wo sind die Freunde, die ihnen diese Unbequemlichkeit sagen?