Das Scherbengericht - von der Antike lernen
Ungeeignete Führungspersonen - Ursache Nummer 1 für Kriege, Katastrophen und Krisen der Neuzeit
Unsere Demokratie hat seine Wurzeln im antiken Griechenland, genauer gesagt im Stadtstaat Athen. Ein Verfahren bürgerlicher Mitbestimmung in der res publica (wörtlich: Angelegenheiten der Öffentlichkeit) wurde nicht übernommen. Das Scherbengericht. Einmal im Jahr konnten die stimmberechtigten Bürger Personen des öffentlichen Lebens, die ihnen politisch unliebsam geworden waren, für 10 Jahre in die Verbannung schicken. Das Verfahren hieß „Scherbengericht“, weil die Namen derer, die sich den Unmut der Bürger auf sich gezogen hatten, auf eine Tonscherbe geschrieben wurden. Wer bei der Auszählung die meisten Stimmen bekam, der musste gehen. Ein solches Verfahren wäre heute nicht anwendbar. Abgesehen von den unmenschlichen Konsequenzen, die einem „Auserwählten“ erwarteten, ist es allein wegen der Bevölkerungszahlen nicht praktikabel. Das antike Athen soll damals ca. 50 000 Einwohner gehabt haben, von denen nur einige wenige nach sozialem Status Auserwählte ein Stimmrecht hatten. Bei einer Einwohnerzahl von ca. 83 Mio. gibt es in Deutschland ca. 60 Mio. Stimmberechtigte. Nimmt man die Schnelllebigkeit und Steuerbarkeit von Informationen durch eine digitalisierte Presse hinzu, wäre ein „Scherbengericht“ tagespolitischen Stimmungen unterworfen. Auf diesem Wege politische Personalentscheidungen ad hoc „von unten“ zu treffen, wäre nicht immer zum Wohle des Volkes. Trotzdem gibt es ein Kriterium im Scherbengericht, das auch heute noch seine Gültigkeit hat. Entscheidungen in der Politik werden nach wie vor von Individuen getroffen.
Unbenommen von Parteiprogrammen, Koalitionsabsprachen und Regierungserklärungen, auf die immer wieder Bezug genommen wird, treffen ein Bundeskanzler und seine Minister Führungsentscheidungen. Die sind scheinbar Sachentscheidungen, lassen aber vielmehr erkennen, was für eine Persönlichkeit dahintersteht. Die bestimmt meines Erachtens hauptsächlich, welche Entscheidungen getroffen werden. Bei ihrer Beurteilung gibt es KO-Kriterien, die Zweifel an Eignung und Befähigung eines Bundeskanzlers und seiner Minister und damit einen Eintrag „auf der Scherbe“ rechtfertigen. Diese KO-Kriterien sind nicht so sehr ein Merkmal der Einzelperson, sondern unserer Führungskultur geschuldet. Besonders dramatisch ist ihre Ausprägung, wenn Menschen von solchen Persönlichkeiten im Krieg geführt werden.
Der britische Schriftsteller, Dipl. Psychologe und ehemaliger Oberstleutnant der britischen Royal Army Norman Dixon beschreibt sie in seinem Buch „On the psychology of military incompetence“. Schlachten und Kriege wurden nicht wegen fehlender Tapferkeit, unterlegener Technik oder widriger Umwelteinflüsse verloren, sondern wegen menschlicher Inkompetenz in der Führung. An konkreten Beispielen aus der britischen Miltärgeschichte (Afghanistan 1839-42, Krimkrieg 1853-56, Burenkrieg 1899-1902, 1. Weltkrieg 1914-18, 2. Weltkrieg 1939-45), in denen britische Generäle und Admiräle unfassbare menschliche und militärische Katastrophen mit Hunderttausenden von Toten und Verwundeten angerichtet haben, identifiziert Dixon immer wieder dieselben Verhaltensmuster. Es sind u.a.:
- Unfähigkeit, aus vergangenen Erfahrungen zu lernen, insbesondere, wenn eigene Fehler im Spiel waren; - Gleichgültigkeit gegenüber eigenen Verlusten und dem Leiden eigener Soldaten - Tendenz, die Schuld immer bei anderen zu suchen - Vorliebe für Schlaumeierei - Mangel an Kreativität, Improvisation, Erfindungsreichtum und geistiger Offenheit - Abneigung gegen Bildung und Intelligenz
Dixon bezeichnet diesen Führertypen als Authoritarian. Wegen der Eindeutigkeit von Begriffen nenne ich sie Onanokraten (Onanie=Selbstbefriedigung). Seine Verhaltensmuster sind von einem Selbstbildnis geprägt, das ursächlich viel mit der kulturellen Sozialisation (Familienhaus, Herkunft, Geschichte, Schulsystem usw) zu tun hat. Dabei ist sozialer Status Spiegel und Motor. Ein Onanokrat der Neuzeit betrügt und lügt wegen des Besitzes eines Doktortitels, wenn er sich dadurch mehr Status verschaffen kann (siehe Verteidigungminister Karl-Theodor zu Guttenberg) . Das heißt aber auch im Umkehrschluss, dass er von Onanokraten umgeben sein muss, die auf so etwas Wert legen. Das schlimmste Merkmal von Onanokraten ist ihre Gleichgültigkeit gegenüber den Menschen, für die sie Verantwortung tragen.
Was wir als Führungspersonen brauchen, sind Autocrats stellt Norman Dixon fest. Ich nenne sie Ipsokraten (Lat. ipso=selbst). Das sind Menschen, die sich allein von ihren inneren Werten leiten lassen und denen die Menschen, für die sie Verantwortung tragen, das Wichtigste sind. Dixon nennt Admiral Nelson, den Sieger der Schlacht von Trafalgar (21. Oktober 1805) gegen die Flotte Napoleons, als leuchtendes Beispiel für einen Ipsokraten. Als der in der Schlacht tödlich verwundet wurde, sollen seine Seeleute und Soldaten um ihn geweint haben. Sein Sekretär beschrieb seinen Chef so: „Er ist die größte Persönlichkeit, die ich je getroffen habe. Er ist wahrlich ein großer Mann, und er ist genauso gütig wie er groß ist.“ –
Wenn Sie die Kriterien des Psychogramms für Onanokraten lesen, lassen sich unschwer Parallelen zu Führungspersonen von heute ziehen. An ihren Argumenten und ihren Entscheidungen kann man sie erkennen. Sie argumentieren und treffen Entscheidungen und behaupten, dass sie alternativlos seien. Das ist Volksverdummung. - Nichts ist alternativlos! - Weder die Coronapolitik mit ihren unmenschlichen und zerstörerischen Lockdowns, die bei Millionen von Menschen wirtschaftliche, soziale und seelische Not ausgelöst haben, noch das Befeuern des Ukraine-Krieges mit Waffenlieferungen, was jeden Tag Tausenden von Ukrainern und Russen das Leben kostet, noch der Wirtschaftskrieg gegen Russland, der unser Land in eine Energiekrise und seine Menschen in existenzielle Nöte gestürzt hat. Wer eine solche Politik betreibt und unterstützt, bedient eine eigene Agenda, die nichts mit dem zu tun hat, was der Bundeskanzler in seinem Eid geschworen hat: Dem deutschen Volk seinen Nutzen mehren und Schaden von ihm wenden.
Das Scherbengericht ist als politisches Machtinstrument des Volkes aus genannten Gründen nicht anwendbar. Aber vielleicht könnte der einzelne Wähler eine eigene Scherbe führen. Auf die schreibt er die Namen derer, die er nicht mehr in einer Regierung sehen möchte. Die nimmt er beim nächsten Gang zur Wahlurne mit und macht seine Kreuze, um sie zu „verbannen“.